Gotteshaus ohne "Dorf" und "Turm"
Andreaskirche virtueller Rundgang 360°
Auf einem Hügel zwischen Rabenstein und Kirchberg - von der Bundesstraße und der Mariazellerbahn gut zu sehen - steht diese auffallende Kirche, die Kirche ohne Turm. Sie gehört zum Ortsteil Tradigist-Dorf der Marktgemeinde Kirchberg an der Pielach und ist eine Filialkirche der Pfarre Rabenstein. Unter Insidern ist diese Kirche auch für ihre sehr gute Akustik bekannt. Sie ist auch als romantische Hochzeitskirche sehr beliebt.
Die Kirche gehörte zu dem früheren Göttweiger Gut Tradigist, dessen Verwalter meist dem geistlichen Stand angehörten und hier auch die Seelsorge ausübten. Amtssitz war der „Münichhof“, das jetzige Bauernhaus „Kirchenbauer“ vis a vis (östlich) der Kirche. Das Stift Göttweig hat im Jahre 1464 die heutige Andreaskirche für die damals bestehende Pfarre Tradigist errichten lassen. Bei diesem Gotteshaus handelt es sich um einen spätgotischen Langhausbau (26 m) mit 5/8 Chor, Netzrippengewölbe und Maßwerkfenstern.
In der Nähe des Gotteshauses und von diesem gut zu sehen, steht das Elternhaus des Alterzbischofs von Wien, DDr. Franz Kardinal König. Er wurde hier im Anwesen Warth 11 am 3. August 1905 geboren. Um 1110 erhielt das Stift Göttweig Besitz in Tradigist und errichtete bald darauf eine Kirche zu Ehren des Apostels Andreas, die bald Pfarrrechte erlangte und das Gebiet der heutigen Katastralgemeinden Tradigist, Tradigist-Dorf und Tradigist-Gegend umfasste. Seit 1323 ist die Andreaskirche Filiale von Rabenstein.
Die Zahl „1464“ über dem Südportal weist auf das Jahr des Neubaues
der Kirche durch das Stift Göttweig hin, zu dem das Gut „Tradigist“ mit
dem „Munichhof“ – heute „Kirchenbauer“ gehörte. Bedeutung erlangte die
Kirche in der Reformationszeit. Sie blieb das einzige Gotteshaus der
Katholiken und diente als Zufluchtsort. Unter Propst P.Benedikt
Eucharius Choberger, Professe von Braunau in Nordböhmen kam Kirche und
Gut „St. Andrä“ nach oftmaligem Besitzerwechsel wieder zum Stift Göttweig. Von 1634 bis 1701 bestand in Tradigist eine Göttweiger Administratur mit dem Titel eines Propstes. Während der 2. Türkenbelagerung von Wien suchten die Menschen aus der Umgebung Schutz in der Kirche, das Gebäude trug Schäden davon.
Bis
ins 19. Jahrhundert war die Kirche von einem Friedhof mit einem Karner
an der Südwand umschlossen. Durch den Bau der Marienkapelle im
Ortszentrum von Tradigist (1897) verlor die Andreaskirche weiter an
seelsorglicher Bedeutung. 1960 wurde sie wegen Baufälligkeit geschlossen. Über Initiative des Rabensteiners Franz Steinwendtner kam es 1975 – 1977 unter Pfarrer P.Robert Docekal zur Außen-renovierung und 1983 – 1987 zur Innenrestaurierung des Gotteshauses.
Durch Subventionen des Bundes und Landes NÖ, der Diözese St. Pölten und der Erzdiözese Wien, des Stiftes Göttweig und der Pfarre Rabenstein, vor allem aber durch Spenden der Bevölkerung von Rabenstein und Kirchberg und ca. 8.000 freiwillig geleistete Arbeitsstunden konnte diese Kirche „ohne Dorf und Turm“ renoviert und für Gottesdienste, Wallfahrten, Trauungen und Konzerte benützbar gemacht werden. Die Gesamtkosten betrugen 1,9 Millionen Schilling (rund 138.078,38 Euro).
Am 31. August 1986 weihte DDr. Franz Kardinal König die Kirche neu,
rund 1.000 Gläubige kamen zur Feier. 1987 wurde die Glocke geweiht, 1992
die Orgel aufgestellt.
Das Gotteshaus ist ein spätgotischer Kirchenbau, 1464, mit hohem
Walmdach, zweiteiligen Maßwerk-fenstern zwischen dreigeschossigen
Strebepfeilern und unausgebautem Turm an der Südseite. Westportal mit
Steinkonsolen mit Stabwerkrahmung, Südportal mit Holztür. Das
dreijochige, netzrippengewölbte Langhaus setzt sich in einem schmäleren,
einjochigen Chor mit 5/8 Schluss fort.